Expertenkommission veröffentlicht neue Fassung des Deutschen Public Corporate Governance Musterkodex
15.01.2021
Die u.a. von ZU-Professor Ulf Papenfuß veröffentlichte neue Fassung des Musterkodex soll Ländern, Städten und Gemeinden als Grundlage dienen
Good
Governance und verantwortungsvolle Organisationsführung bei öffentlichen Verwaltungen
und öffentlichen Unternehmen sind für Staat und Gesellschaft von besonderer
Bedeutung. Als Unterstützungsangebot für Kommunen, Bundesländer und Bund hat
eine Expertenkommission unter dem wissenschaftlichen Vorsitz von Professor Dr.
Ulf Papenfuß von der ZU nun nach
einem umfassenden Konsultationsverfahren eine neue Fassung des Musterkodex
veröffentlicht. Er soll Ländern, Städten und Gemeinden als Grundlage dienen,
einen für sich passenden Public Corporate Governance Kodex zu etablieren
beziehungsweise zu evaluieren.
Solche
„Spielregeln guter Unternehmensführung“ oder ein solcher „Knigge für gute
Unternehmensführung“ sind nach Ansicht der Autorinnen und Autoren aktueller
denn je. So rückt der Wirecard-Skandal viele Reformnotwendigkeiten mit Blick
auf Corporate Governance auch für öffentliche Unternehmen auf die Agenda. Für
die Bewältigung der Corona-Pandemie-Krisensituation vor Ort ist eine
integrierte Steuerung und Koordination von Verwaltung und öffentlichen Unternehmen
momentan besonders drängend. Und in der Debatte um Frauen in Führungspositionen
hat das Bundeskabinett erst kürzlich einen Gesetzentwurf unter anderem zu einer
Frauenquote in Vorständen von Unternehmen beschlossen. Dabei drängt sich die
Frage auf, wie die Anforderungen von Städten und Bundesländern in die
Regelwerke für ihre eigenen öffentlichen Unternehmen übernommen werden.
Bereits
im vergangenen Jahr haben unter anderen der Deutsche Städtetag und der Deutsche
Städte- und Gemeindebund unterstützende Beschlüsse zur Nutzung des Musterkodex
gefasst. Dieser bietet unter anderem Handlungsempfehlungen zur Repräsentation
von Frauen in Gremien, zur Ausgestaltung und Transparenz von Vergütungen für
Geschäftsführer und Aufsichtsräte, zur Durchführung der Abschlussprüfung, zur
Vermeidung und Offenlegung von möglichen Interessenskonflikten und zur
gesellschaftlichen Verantwortung von öffentlichen Unternehmen. In Deutschland
wurden seit dem Jahr 2005 von Kommunen, Bundesländern und Bund zahlreiche
verschiedene Public Corporate Governance Kodizes etabliert. Gleichwohl verfügen
von den mehr als 2.000 deutschen Gebietskörperschaften bislang nur gut 50 über
einen Public Corporate Governance Kodex.
„Viele Städte und Bundesländer haben angekündigt oder überlegen, einen Public Corporate Governance Kodex für ihre Unternehmen einführen zu wollen“, erläutert Ulf Papenfuß, Inhaber des Lehrstuhls für Public Management & Public Policy an der ZU und Initiator und Koordinator des Vorhabens. „Das Thema gehört unter anderem mit Blick auf Corporate Governance-Maßnahmen der Politik im Zuge des Wirecard-Skandals, das aktuell debattierte Gesetz zu Frauen in Führungspositionen und die Bewältigung der Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die Daseinsvorsorge und Vertrauen in den Staat vor Ort auf die Tagesordnung aller entsprechenden politischen Organe wie zum Beispiel Stadträten.“ Ein Public Corporate Governance Kodex stellt Grundsätze zur verantwortungsvollen Steuerung, Leitung und Aufsicht von und in öffentlichen Unternehmen zusammen, die sich in der Praxis und nach wissenschaftlichen Analysen einschlägig bewährt haben.
„Die
Unternehmen der öffentlichen Hand sollten mit gutem Beispiel für die Corporate
Governance vorangehen. Dabei hilft der Musterkodex. Er bietet neben
nutzbringenden Regelungsvorschlägen zu den Unternehmensorganen auch Ansätze für
mehr Digitalisierung und Nachhaltigkeit in öffentlichen Unternehmen“, führt
Professor Dr. Klaus-Michael Ahrend aus, Praxis-Vorsitzender der
Expertenkommission und Vorstand der HEAG Holding AG, deren
Hauptgesellschafterin die Stadt Darmstadt ist und die das
Beteiligungsmanagement für die Stadt organisiert. Neben Ahrend gehören weitere
namhafte Expertinnen und Experten der Kommission an, unter ihnen die frühere
Bundesjustizministerin Brigitte Zypries, der Mainzer Oberbürgermeister und
Präsident des Verbands kommunaler Unternehmen Michael Ebling, die
Vorstandssprecherin der Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit Tanja
Gönner und der Präsident des Sächsischen Rechnungshofes Professor Dr. Karl-Heinz
Binus.
„In Studien ist festzustellen, dass bei bestehenden Public Corporate Governance Kodizes vor Ort viele Regeln noch nicht aufgenommen wurden, die wichtig wären für die von der Politik formulierten Ziele“, ergänzt Papenfuß. „Ebenso gibt es aber eine Reihe von anerkennenswerten Beispielen, bei denen hochengagierte Akteurinnen und Akteure sich bereits auf den richtigen Weg bei der Einführung und Evaluation von Public Corporate Governance Kodizes gemacht haben.“
Der Deutsche Public Corporate Governance Musterkodex kann heruntergeladen werden unter https://pcg-musterkodex.de/
Die Expertenkommission hat erneut zu Stellungnahmen zum Deutschen Public Corporate Governance Musterkodex eingeladen.